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Keine Angst vor der ersten Hundegeburt
Von Marianne Kiack-Knöfel

 

Keine Angst vor der ersten Hundegeburt

Jeder erste eigene Hundewurf, jede erste Geburt, wird für den Besitzer ohne Erfahrung immer eine nervenzermürbende Angelegenheit bleiben. Hat er doch schon alles erfragt oder gelesen, so bleibt noch immer die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Wird er die Anzeichen einer bevorstehenden Geburt richtig deuten können? Was ist, wenn der errechnete Geburtstermin überschritten wird? Wie lange muss man warten, bevor der erste Welpe kommt? Wann muss man Hilfe holen? Der Fragen sind unzählige, und sehr leicht wird der Besitzer, der sich stolzer Züchter nennen will, kopflos und macht immer wieder Fehler, die meistens nur aus der übervorsichtigen Handlungsweise entstehen.

Der Decktermin sollte feststehen, und spätestens mit Beginn der 6.Trächtigkeitswoche erkennt auch der Laie,
dass die Hündin aufgenommen hat. Der Leib beginnt sich zu runden und von nun an geht es mit großen Schritten voran. Nach all den bangen ersten Wochen und der immer wieder zweifelnd gestellten Frage "Hat sie nun Welpen oder nicht?" tritt solange Ruhe ein, bis der 54. Tag der Trächtigkeit erreicht ist. In der Regel werden Welpen um den 62. oder 63. Tag nach dem Decken geboren; aber da es auch Fälle geben kann, in denen Welpen bereits früher kommen, beginnt nun der Anfänger Nacht für Nacht mit dem Warten und Hoffen. Es könnte ja immerhin sein, dass nun ausgerechnet seine Hündin auch schon am 56. Tag wirft, wer weiß das?

Bald wagt er es nicht einmal mehr, das Haus zu verlassen, und jeder neue Tag und jede weitere Nacht lässt die Wahrscheinlichkeit näher rücken, dass nun doch vielleicht oder ... aber morgen bestimmt!
Dieses Warten und Bangen zusammen mit dem immer weniger werdenden Schlaf, zerrt an den Nerven. Der Besitzer sollte sich ganz gemächlich zurücklehnen und seine Kräfte aufsparen, denn auch seine Hündin wird ganz gewiss nicht vor dem 61. Tag ihre Welpen bekommen. Alle gesunden Hunde, wenn sie nicht ausgerechnet zu denen mit Geburtsschwierigkeiten behafteten zählen (extremer Körperbau), bringen ihre Welpen selbständig zur Welt und meistens auch sehr pünktlich. Wichtig zu wissen ist, dass Ruhe und Geduld auch für die Hündin von Vorteil sind. Ein ständig aufgeregt hin- und herlaufender Besitzer, der vielleicht noch alle zwei Stunden die Temperatur der Hündin misst, weil er dies in einem schlauen Buch gelesen hat, die Hündin alle drei Stunden ins Freie führt, weil er auch das irgendwo gelesen hat, macht die Hündin nur ebenfalls nervös.

Die Wurfkiste oder das Wurflager steht bereit, aber es macht wenig Sinn, wenn der Besitzer seiner Hündin auf Schritt und Tritt folgt, wenn diese sich von ihrem Schlafplatz erhebt. Das Wurflager, am besten mit lockeren Tüchern ausgelegt, damit die Hündin etwas zum Scharren hat, sollte der Hündin angeboten werden, aber sie sollte nicht hineingezwungen werden. Wenn die Zeit gekommen ist, wird die Hündin es von allein aussuchen, oder auch nicht, aber dazu später mehr.

Woran erkennt der Hundehalter nun die bevorstehende Geburt und was heißt "Es ist bald soweit"? Die Hündin wird sich auch in der letzten Woche der Trächtigkeit völlig normal verhalten. Sie wird einige Schwierigkeiten haben mit ihrem dicken Bauch noch ebenso elegant aufs Sofa zu springen, sie wird auch häufiger schlafen, vielleicht auch leise vor sich hin wimmern, aber das ist alles noch kein Grund, in Panik zu geraten.
Die ersten äußerlichen Anzeichen erkennt man im Absinken der Früchte. War der Leib der Hündin gestern noch rundherum dick, bemerkt der Besitzer plötzlich, dass die Lendengegend eingefallen wirkt, während sich der Bauch, einem Kartoffelsack ähnlich, nach "unten" hin noch stärker rundet. Die Hündin ist dennoch guter Dinge, rennt und spielt im Freien, ist zu allen Streichen aufgelegt, wenn der Besitzer sie nicht fortwährend an ihren Zustand erinnert und hat unentwegt Hunger. Es kann sein, dass die Läufe "dick" werden, es bildet sich Wasser, was auch noch kein Grund zur Beunruhigung ist. In diesen recht seltenen Fällen heißt es spazieren gehen, die Hündin bewegen.

Es kann auch sein, dass die Hündin zeitweilig beginnt, "bedrohlich" zu hecheln und sich nicht mehr von ihrem Platz wegbewegen will. Dieser Zustand kann Stunden andauern, und die erhofften Anzeichen verschwinden wieder, und die werdende Mutter ist dann wieder völlig "normal". Wenn die Lendenpartie eingefallen ist, und die Hündin sich schon zwischenzeitlich für einige Stunden zurückzieht, vielleicht auch schon einmal ordentlich hechelt oder sogar leise vor sich hin fiept, kann ungefähr mit der Geburt in ein bis drei Tagen gerechnet werden, eher später als früher. Nun ist jede Hündin anders, und das ist es auch, was den Neuling vor ein Problem stellt. So haben ihm andere "Erfahrenere" bereits die tollsten Sachen erzählt und sicher hundertprozentige Tipps erteilt, wonach die Geburtsstunde fast auf die Minute genau vorhersehbar ist. Alles Unfug! Keine Hündin reagiert wie eine andere, und selbst von Wurf zu Wurf ist das Verhalten "vorher" nicht identisch. Es heißt, die bevorstehende Geburt kündigt sich mit dem Unruhigwerden der Hündin an. Das ist nur zum Teil richtig. Es gibt Hündinnen, die bereits sechs Tage vor der Geburt zwischendurch rastlos erscheinen, die keinen richtigen Platz mehr finden, die hier und dort scharren, das Wurflager total zerwühlen. Andere beginnen den "Nestbau" erst wenige Minuten(!) vor der Geburt, andere scheinen ihre Welpen urplötzlich beim Fernsehen zu verlieren. Was soll der Anfänger nun daraus für Konsequenzen ziehen?
Grundsätzlich alle Bücher, in denen irgend etwas über die Geburt steht, wegschließen, sich mit irgendetwas anregend beschäftigen und sich ablenken. Gerade in der Zeit der nahenden oder bevorstehenden Geburt bringt es überhaupt nichts, sich noch einmal die entsprechende Lektüre zu Gemüte zu führen, denn das macht nur noch unsicherer, weil viel zu viel von Eventualitäten und Schwierigkeiten, vom Eingreifen und von tierärztlicher Hilfe geschrieben steht und auch davon, dass Welpen ersticken können usw. usf. Der Neuling sollte ruhig seinem Tierarzt ankündigen, daß Welpen erwartet werden, aber in den meisten Fällen, wenn wirklich einmal Hilfe nötig sein sollte, passiert das zu so einer ungünstigen Zeit, wo ausgerechnet der eigene Tierarzt doch nicht "griffbereit" ist. Er hat noch andere Patienten.

Eher günstig ist es, wenn der Anfänger sich einem wirklich erfahrenen Züchter, der schon viele Geburten erlebt hat, anvertraut und diesen um eventuelle Hilfestellung bittet. Im allgemeinen ist es ohnehin die Beruhigung, die dem Anfänger am meisten fehlt.

Die Kontrolle der Körpertemperatur der Hündin ist kein Hilfsmittel. Die normale Temperatur liegt bei ca. 38,5 Grad und sollte morgens und abends gemessen werden. Ein Absinken auf 36,5 Grad lässt eine bevorstehende Geburt näher einkreisen, aber auch das ist kein hundertprozentiges Anzeichen.
Die Futterverweigerung kurz vor der Geburt trifft man bei vielen Hündinnen an, aber dennoch, auch hier gibt es einige "Verfressene", die noch etwa eine Stunde vor dem Einsetzen der Wehen annehmen.

Ganz sicher spannend wird die Angelegenheit, wenn die Hündin sich anfängt sauber zu lecken und wirklich unruhig wird. Diese Unruhe kann sowohl nach vorherigem stundenlangen Hin- und Herwandern und Scharren einsetzen oder auch unvermittelt. Sobald die Hündin vermehrt leckt und beginnt zu pressen, erst dann ist der Zeitpunkt gekommen, dass eine Geburt bevorsteht.
Unruhe heißt jetzt hektische Aktivität. Entweder drängt es die Hündin jetzt ins Freie, und/oder sie versucht sich zu verkriechen oder schaut hilfesuchend um sich, wirft sich herum, presst die Hinterläufe gegen einen Widerstand oder rennt los, um sofort wieder "nachzuschauen", was an ihrem hinteren Ende passiert.
Die Hündin sollte jetzt noch einmal ins Freie gelassen werden, aber bitte angeleint, weil es Hündinnen lieben, sich auch draußen einen geeigneten Platz zu suchen.
Die Sache mit dem vorbereiteten Wurflager kann unter Umständen zu Schwierigkeiten führen. Hat die Hündin sich einen anderen Platz ausgesucht und die Wehen haben bereits eingesetzt, wird sie penetrant versuchen, den Platz durchzusetzen, den sie sich erkoren hat. Es ist deshalb ratsam, das Wurflager als komfortablen aber konkurrenzlosen Ort anzubieten.
Der Besitzer sollte seine Hündin jetzt beruhigen und sie nicht noch durch eigene Hektik nervös machen. Viele Hündinnen verlangen geradezu danach und würden am liebsten ihren Menschen mit ins Wurflager nehmen. Nur die vertrauten Menschen sollten anwesend sein. Keinesfalls sollten unbekannte Neugierige ihrer Schaulust frönen.

Natürlich ist eine Geburt eine aufregende, interessante Sache, aber die Hündin hat genug mit sich zu tun, und ihrem Besitzer, dass Fremde wirklich nicht angesagt sind. Es gibt Fälle, in denen die Hündinnen die Geburt verzögern oder unterbrechen, wenn zuviel Aufregung um sie herum ist.
Der Besitzer hat jetzt wirklich nichts anderes zu tun, als auf die Hündin beruhigend einzuwirken. Leicht gesagt, aber Ruhe ist die erste Besitzerpflicht. Nach Einsetzen der Presswehen, die deutlich am Leib der Hündin erkennbar sind und sich wellenartig schwanzwärts erstrecken, kann es noch gut bis zu zwei Stunden dauern, bis der erste Welpe geboren ist. Sobald die Hündin in regelmäßigen Abständen "drückt" und sich allmählich Veränderungen erkennen lassen, der Welpe im Geburtskanal steckt und in den Wehenpausen wieder verschwindet, ist alles normal. Flüssigkeit, zuerst wässrig, später auch mit Blut angereichert, macht die Geburtswege gleitfähig. Nach etlichen starken Presswehen zeigt sich alsbald der schön in den Eihäuten "verpackte" Welpe, der aber erst nach weiteren drei bis fünf kräftigen Austreibungswehen komplett herausrutscht. Das zwischendurch hektische Lecken der Mutterhündin, das Hin- und Herwerfen, Aufstehen und Hinlegen ist ebenfalls normal, kann aber den Anfänger sehr irritieren. Wiederum gilt es, die Hündin zu beruhigen, bis der erste Welpe ausgetrieben ist.

Der Anfänger sollte unbedingt darauf vorbereitet sein, dass die Hündin beim ersten Welpen auch laut schreien kann.
Es gibt so genannte Anleitungen, in denen Geburtshilfe beschrieben wird, das heißt hier werden Ratschläge erteilt, der Hündin zu helfen. In etwa, dass der Besitzer den Welpen herausziehen soll.
Unsachgemäß ausgeführt werden der Hündin nur noch mehr unnötige Schmerzen zugefügt. Man soll der Natur nicht ins Handwerk pfuschen, und der Neuling kann sich schnell überschätzen.
Auch wird von Steißlagen gesprochen, die bereits als "Komplikation" beschrieben werden. Bei Hunden sind Steißgeburten nichts Ungewöhnliches, und es besteht überhaupt kein Grund zur Sorge. Viel Angst wird damit verbreitet, dass der Welpe ersticken kann, wenn die Hündin ihn nicht schnell genug wirft. Das verursacht große Unsicherheit bei Anfängern, die nicht genau die Dauer der Wehen kennen und noch nicht wissen, was "normal" und was schon zu lange ist. Normal ist immer der Geburtsvorgang, bei dem es voran geht.
Das heißt, nach Einsetzten der Presswehen, drei bis vier Intervalle, die gefolgt werden von Wehenpausen, in denen sich die Hündin eifrig beleckt oder auch "in sich gekehrt" wirkt, muss der Welpe alsbald im Geburtskanal sitzen.
In der Regel ist der erste Welpe innerhalb von zwei Stunden geboren. Damit ist der Besitzer bei der Hündin abgemeldet. Sie kümmert sich jetzt intensiv um das Neugeborene, putzt und leckt es, nabelt es ab und frisst die Eihüllen vollständig.
Der Besitzer hat auch jetzt nichts anderes zu tun, als die nass gewordenen Laken oder Tücher auszuwechseln und beruhigt durchzuatmen. Die nachfolgenden Welpen folgen dann in wesentlich kürzeren Abständen, manchmal ist die Mutter noch mit dem Abnabeln des einen Welpen beschäftigt, während der nächste schon wieder geboren ist. Die Zeitabstände zwischen den Welpen können 20 bis 30 Minuten betragen, aber auch ein oder zwei Stunden sind durchaus normal. Wenn die Hündin keine Wehen hat und sich mit ihren bereits geborenen Welpen beschäftigt, diese immer wieder putzt oder zwischendurch einen kleinen Erholungsschlaf einlegt, verläuft die Geburt ohne Probleme. Der letzte Welpe kann am längsten auf sich warten lassen.

90 Prozent aller Geburten verlaufen ohne Schwierigkeiten, sofern die Rasse nicht für Dyskotie prädestiniert ist. Bei bestimmten breitschädeligen oder Zwergrassen ist zweifellos ein Schwergeburtenrisiko vorhanden. Bulldoggen und Boston Terrier haben zum Beispiel ein fünf- bis dreieinhalbfach erhöhtes Risiko als andere Rassen. Hinzu kommt die Unfähigkeit beim Abnabeln durch unharmonisches Kieferwachstum bei den brachyzephalen Rassen (Kurzköpfigkeit).
Wehenschwäche ist anzunehmen, wenn eine Hündin an die 20 Presswehen benötigt, um einen Welpen auszutreiben. Hier ist tierärztliche Hilfe angezeigt.
Bei der "natürlichen" Hündin ist die Geburt ein völlig normaler Vorgang, und die Hündin "weiß" von allein, was sie zu tun hat. Dass der Anfänger verständlicherweise um seine Hündin und die Welpen besonders besorgt ist, darf trotzdem nicht zu unsachgemäßen Eingriffen führen. Es reicht ganz und gar aus, wenn sich der Besitzer in der Nähe seiner Hündin aufhält, diese beobachtet, ihr in der ersten Phase vor allem Zuspruch gibt und dann der Natur ihren Lauf lässt. Auf diese Weise kann er sich viel mehr an dem aufregenden Ereignis freuen, und er wird schnell erkennen, wie überflüssig er dabei ist. Auch seine Hündin wird die Angelegenheit selbständig und komplikationslos erledigen. Darauf sollte der Besitzer stolz sein.

Wann ist tierärztliche Hilfe angezeigt?
Wenn die Fruchtblase geplatzt ist, also grüne Flüssigkeit austritt, und der Welpe zu lange und ungeschützt im Geburtsweg steckt und nicht nach einer guten Viertelstunde ausgetrieben ist, sollte Hilfe geholt werden.
Tierärztliche Hilfe ist unbedingt angezeigt, wenn trotz Abgang von Gebärmutterschleim und sogar Fruchtwasser, die Geburt nicht vorangeht, das heißt, dass die Presswehen ausbleiben.
Der Unerfahrene sollte auf keinen Fall mit Hausmittelchen oder unter Zuhilfenahme entsprechender Lektüre sich selbst als Geburtshelfer versuchen. Vor allem wird er nicht entscheiden können, ob wehenfördernde Mittel ausreichen oder sogar ein Kaiserschnitt angezeigt ist.
Auch wenn sich Probleme anbahnen, heißt es Nerven behalten und nicht panisch werden. Wie gesagt, bei allen "normalen" Hunden und Hunderasse ist die Geburt ein natürlicher Vorgang, der zu 90 Prozent aller Fälle ohne Schwierigkeiten abläuft.

Von Marianne Kiack-Knöfel

 

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